Bis 1989

Geschichte der Wasserversorgungs-Genossenschaft Bertschikon Gossau ZH, Teil 2.

Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4

Auszug aus "Gossau - Deine Heimat, Ausgabe 1990", Seiten 68 - 76.

Was für Ottikon der «Himmerich» und der «Silberberg» und für Gossau der «Saum» und die «Rooswis» sind, das bedeutet für Bertschikon das «Chliriet». Hier, an der Kante des Grundwasserstromes, trat seit eh und je reichlich frisches, sauberes Nass zutage und verlockte die ersten Ansiedler zu einer Bleibe. Von hier zogen die alten Bertschiker das Wasser in offenen Känneln zu ihren Gewerbebetrieben, in unterirdischen Föhrenleitungen aber zu ihren insgesamt sechs Laufbrunnen, von denen heute nur noch deren drei in der trauten dörflichen Enge plätschern.

Eine ausführliche Darstellung der hindernisreichen Geschichte der Bertschiker Wasserversorgung hat Jakob Muggli im Jahrheft «Gossau — Deine Heimat», Nr. 4 (1974) gegeben. Eine aktuelle Zusammenfassung bringt anschliessend Peter Lüthi, derzeitiger Präsident der Wasserversorgungs-Genossenschaft Bertschikon. Sie erschien im «Gossauer Info» Nr. 13 (Juni 1989) und ist für unser Jahrheft leicht umgearbeitet worden.

1815

Gründung der Brunnengenossenschaft, welche 5 Dorfbrunnen unterhielt.

1899

Neufassung der Wasserquellen.

1921

7.8.: Generalversammlung. Antrag von Gemeinderat Walder, Neuhof, zu einer allgemeinen Versammlung von Interessenten, auch Nicht-Korporationsmitgliedern, einzuladen. Zweck: Kostenberechnung und Projekt einer Wasserversorgung mit Hydrantenanlage von Kantonsrat Heusser.

25.9.: Einkauf der Nicht-Mitglieder in die Korporation für insgesamt Fr. 7000.—. Umwandlung der Brunnengenossenschaft in die «Wasserversorgungsgenossenschaft Bertschikon».

1. Bohrung: an der Heusbergstrasse, rechts vom Haus Letti. Die Bohrung musste eingestellt werden, weil die Baugrube einstürzte.

2. Bohrung: links der Heusbergstrasse zwischen Haus Letti und der Scheune des Restaurants zur alten Post.

Mit der Begründung «mer wänd jetzt Wasser, wo mer gseend», wurde der Bau dieses Loches stark vorangetrieben.

Die Probe ergab 100 Minutenliter. Die Qualitätsproben waren so vernichtend, dass die Grube aufgefüllt wurde.

3. Bohrung: heutiger Standort der Pumpstation an der Thunweidstrasse. Nach harter Arbeit durch eine 6 m dicke Hochterrassenschotterschicht stiessen die Arbeiter in einer Tiefe von 13 m auf das heutige, gute Bertschiker Wasser mit einer Leistung von 500 bis 600 Minutenliter.

Das Leitungsnetz mit einer Länge von 2700 m sowie anschliessend das Reservoir wurden in Notstandsarbeit gebaut.

Das Reservoir auf dem Schinberg wurde mit Stampfbeton gebaut.

Inhalt: 250 m3

Kostenvoranschlag: Fr. 106 000.-

Staatsbeitrag: ca. 65-70%

Bauabrechnung: Fr. 138 052.70

1922

Bertschikons grösstes Weihnachtsgeschenk: Die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser wird aufgenommen: Inbetriebnahme einer Hydrantenanlage, bestehend aus einer Wasserfassung im Männetsriet (2 Pumpen zu 150 1/min alternierend in Betrieb, dem Reservoir Schinberg mit 250 m3 Speichervolumen, sowie 20 Hydranten.

Reservoir Schinberg

1923

30.9.: Einweihung der Anlagen.

1946

Automatisierung der Pumpanlage.

1947

Durch Drainage im Chliriet wurden die Laufbrunnen abgegraben. Die Folge war: Entschädigung an die Meliorationsgenossenschaft von Fr. 10 000.— und für private Quellenbesitzer Fr. 5000.—

1951

Nach den markanten Trockenjahren 1947/49 mit aussergewöhnlich hohem Wasserverbrauch wurde die eine Pumpe durch eine leistungsfähigere von 600 1/min ersetzt.

Einweihung mit Ad-Hoc Männerchor vor der "Alten Krone"

1957

«WV Bertschikon» wird Gründungsmitglied der «Gruppenwasserversorgung Zürcher Oberland» mit einer Option von 200 m3 (mögliche tägliche Bezugsmenge aus dem Zürichsee). Dieser Gruppe sind heute 12 Gemeinden angeschlossen; unser Optionsanteil an diesem «Mammut-Unternehmen» ist mit 0,5% eher bescheiden.

1979

Nach erstellter 2. Transportleitung durch die GWZO (von der Filter und Reservoiranlage Mühlehölzli nach Medikon) kann Bertschikon ab «Klappenschacht Bäumligacher» erstmals Seewasser beziehen. Vorgängig wurde zugunsten eines grösseren Wasserdrucks und grösseren Speichervolumens das Reservoir Schinberg stillgelegt, und die WV Bertschikon hat sich in das um 27 m höher gelegene Reservoir Grüt der «WV Grüt und Gossau» eingekauft. Infolge der grösseren Förderhöhe von 74 m in das Reservoir Grüt und derselben Wasserentnahme von konzessionierten 600 1/min aus dem Grundwasser Männetsriet musste auch die bisherige Pumpe durch eine leistungsstärkere ersetzt werden.

1981

Schutzzonenplan um die Grundwasserfassung Männetsriet.

1983

Ausbau des Filterbrunnens in der Grundwasserfassung Männetsriet (siehe unter Wasserfassung Männetsriet).

Das heutige Leitungsnetz mit Wasserbezugs-Struktur

Eigentliches Leitungsnetz: Das 7000 m lange Leitungsnetz besteht aus Guss- und Eternitrohren der Nennweite 100 bis 150 mm. Am Netz sind 60 Überflurhydranten und noch 2 öffentliche Laufbrunnen (Uster- bzw. Hardstrasse) angeschlossen. Der Laufbrunnen vor dem Postgebäude wird von frei austretendem Hangwasser gespeist.

Das Leitungsnetz der WV Bertschikon

Wasserfassung Männetsriet

In einer Tiefe von 10 m unter Terrain liegt im Aatalschotter die Ansaugstelle. Durch eine darüberliegende Seebodenablagerung (Molasse) in der Form von verhärtetem Schlammsand wird das Grundwasser gestaut bzw. gespannt. Diese wasserundurchlässige Schicht bietet einen natürlichen Schutz, indem es das Eindringen einer Oberflächenverschmutzung verhindern oder zumindest verzögern kann. Der Brunnen ist 25 m tief und als «unvollkommen» konzipiert. Bei einer Wasserentnahme von 600 1/min senkt sich der Grundwasserspiegel trichterartig 3,1 m ab. Anlässlich des Brunnenausbaus 1983 wurde ein Pumpversuch durchgeführt. Während 6 Tagen konnten 1000 1/min entnommen werden. Mit dem Einbau einer Unterwasserpumpe könnte die Brunnenergiebigkeit noch wesentlich gesteigert werden.

Wasserfassung im Männetsried

Reservoir Schinberg

Seit 1979 ist das im Jahre 1922 gebaute Reservoir nicht mehr in Betrieb. Zurzeit ist es der Zivilschutzstelle übergeben.

Wasserbezugs-Struktur

Das Versorgungsgebiet umfasst ca. 50 Hektaren mit den Randzonen "Breiti-Steinacher-Hungerbüel-Waldhof-Bäumligacher". In diesem Raum befinden sich nebst 3 Industriegrossbezügern (Molkerei, Nieth AG, Foto Meyer AG) 250 Haushaltungen mit 800 Einwohnern. Der Wasserverbrauch der 3 Industriebetriebe wird mit je einer Wasseruhr erfasst, der Verbrauch in den Haushaltungen kann infolge der fehlenden Messapparatur nicht registriert werden.

Wasserverbrauch

Im Jahr 1988 floss nachstehende Wassermenge in das Leitungsnetz:

Fördermenge der Pumpe Männetsriet: +194 000 m3

Abgabe an Grüt: -63 000 m3

Bezug von Grüt: + 76 000 m3

Gesamtverbrauch in Bertschikon: 207 000 m3

Ein Drittel des Gesamtverbrauchs (63 000 m3) ist rücklaufendes Mischwasser vom Reservoir Grüt. Dieses Mischwasser hat seine Quelle in einem Brunnen der Gemeinde Gossau oder im Zürichsee. Die Pumpe Männetsriet ist mit der Leistung von 600 1/min durchschnittlich und täglich 15 Stunden in Betrieb, also zu 2/3 ausgelastet.

Die drei Industriebetriebe wurden mit 40 000 m3 versorgt, der Rest von 158 000 m3 floss den Haushaltungen, Landwirtschaft, Laufbrunnen, Feuerwehr usw. zu. Eine Spezialfirma, welche unser gesamtes Leitungsnetz hinsichtlich Wasserverlusten untersucht hat, konnte zwei grössere Lecks von je 80 1/min im Hungerbüel und an der Hardstrasse orten. Der repräsentative und spezifische Wasserverbrauch beträgt 380 Liter/Person und Tag, wobei der effektive Endverbrauch sich noch um die üblichen Wasserverluste von 25 bis 30% verringert.

Laufbrunnen im Hinterdorf, 1932 erneuert

Wasserqualität

Jährlich wird das Pumpwasser im Filterbrunnen und das Trinkwasser des Laufbrunnens Post vom Kantonalen Labor Zürich bakteriologisch und chemisch untersucht.

Die Analyse zeigt zulässige Werte, wie beispielsweise

Gesamthärte: 34 F°

Nitrate: 14 mg/l

Karbonathärte: 32 F°

Chloride: 7 mg/l

Resthärte (Reinheit): 3 F°

pH-Wert: 7

Wasserzins

Im 1. Betriebsjahr von 1923 waren 51 Haushaltungen und 14 Scheunen am Netz angeschlossen; heute zählt die WV Bertschikon bereits 250 Haushaltungen mit 800 Personen. Als Vergleich bezahlte vor 65 Jahren eine vierköpfige Familie jährlich eine Pauschale von Fr. 8.— und heute Fr. 70.—.

Dieser gleichbleibende Verrechnungsmodus — nur nach Pauschalen und ohne Einbezug des Individualverbrauchs — ist im Kanton Zürich ein Unikum.

Ich bin stolz, dass wir bis heute die einfache und preisgünstige Pauschalisierung des Wasserzinses beibehalten konnten. Ein allfälliger Einbau von 250 Wasseruhren bedeutet nicht nur eine Kosteninvestition, sondern würde auch die Administration aufblähen.

Im Gegensatz zum Wasserzins ist die Anschlussgebühr mit 1,7% des Assekuranzwertes relativ hoch. Mit diesen einmaligen Gebühren muss der Unterhalt des Leitungsnetzes mit den dazugehörenden Armaturen berappt werden können.

Schlusswort

Zum Schluss appelliere ich an Sie, liebe Bertschikerin und Genossenschafter, helfen Sie mit beim Wassersparen. Damit schonen Sie die Umwelt durch Minderstrom und verlängern die Lebensdauer der Apparaturen.

Die Spartips können sein:

  • In der Trockenzeit kann eine kurze Durststrecke den Garten sogar stärken.
  • Wenn das Klosett permanent gurgelt, benötigt es einen Handwerker.
  • Wenn Sie irgendwo ein Leck beobachten oder vermuten, melden Sie es.

Für die kritische Durchsicht des Manuskripts danke ich meinem langjährigen Vorgänger Ernst Walter recht herzlich.


Peter Lüthi